Von Herzen, die wachsen und brechen:

Ein Brief an mein Kind

Es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich deinen winzigen, warmen Körper an meine Brust gedrückt habe.
Wir haben in perfektem Einklang geatmet, und deine kleinen Finger waren fest um meine gewickelt.
Deine großen, neugierigen Augen haben zu mir aufgeblickt,
als wäre ich deine ganze Welt. Ich erinnere mich, wie ich mit meinen Fingern sanft deine Wangen entlangfuhr, in der Hoffnung, mir jedes kleine Detail für immer einzuprägen.

Heute bist du voller Aufregung und Mut mit Oma und Tante zur Tür hinausgegangen, um deinen ersten Zirkus zu erleben. Und hier stehe ich nun, wie in ein Rabbit hole gefallen, und frage mich, wohin all die Zeit verschwunden ist.   Früher war ich es, die deine Hand bei jedem Schritt hielt, dich führte und über jedes neue Abenteuer wachte.
Jetzt machst du deine ersten Schritte in die Welt, und ich bleibe zurück mit einem Gefühl, das eine Mischung aus Stolz und einem merkwürdigen, schwer zu beschreibenden Schmerz ist.
Es ist dieser seltsame Stich, der das Herz zusammenzieht, wenn ich realisiere, dass du mich immer ein kleines Stückchen weniger brauchst, und gleichzeitig wächst mein Herz vor Freude und Stolz.   Ja, Mein Herz wächst und bricht jedes Mal zugleich, wenn du voller Stolz sagst: „Ich schaff das alleine, Mama.“ Ich freue mich über jeden noch so kleinen Fortschritt: dass du dir deine Jacke selbst anziehst, den Reißverschluss hochziehst, deine kleinen Socken über deine Füße streifst und deine Trinkflasche alleine öffnest, bereit, in die Welt hinauszulaufen.
Doch dieser bittersüße Schmerz bleibt, ein leises Echo, das sich immer dann einschleicht, wenn ich erkenne, dass du eigenständiger wirst.
Es ist, als würde ein Teil von mir loslassen müssen, während der andere sich bemüht, jeden Moment zu feiern.

Wie wird es wohl in ein paar Jahren sein, wenn du älter wirst und mich noch weniger brauchst? Ich frage mich, wie mein Herz mit all den Veränderungen Schritt halten wird, wenn deine kleinen Finger immer seltener nach meiner Hand greifen und ich immer öfter am Rand stehe und dir zusehe, wie du die Welt eroberst.

Ich kenne die Antworten auf all diese Fragen nicht, aber eines werde ich dir versprechen: Ich werde immer da sein. Da, wo du mich haben möchtest, ob als Begleiter oder Beobachter. Ich werde immer dein Nummer-eins-Fan sein, dein größter Supporter und lautester Cheerleader.

Ich werde da sein, um mit dir deine Erfolge zu feiern, und ich werde da sein, um deine Tränen zu wischen, wenn das Leben mal nicht so läuft, wie du es dir wünschst. Still und leise wünsche ich mir, dass du mich noch eine ganze Weile brauchen wirst.

Denn heute schau ich zu dir hoch und sage voller stolz: Du bist meine ganze Welt. Deine Mama.