High Heels und „Laterne Laterne”
Ein Tag im Doppelleben
Es war einer dieser Tage, an denen ich mich fühlte, als würde ich in zwei Parallelwelten gleichzeitig leben.
Der Morgen begann in der ersten Welt: Ich saß in einem hitzigen Meetingraum mit unserem CEO.
Der Raum war von einem kühlen, professionellen Flair durchzogen -Strategien, Budgets, Projekte im siebenstelligen Bereich - Statt Krawatten und Aktenordner, hatte mein CEO eine entspannte Haltung und hörte interessiert unserer Präsentation zu– ich war am Zug!
Ich stellte meine Ideen vor und wir feilen an der Herangehensweise, während Buzzwords wie „Effizienz“ und „nächste Schritte“ in der Luft schwebten.
Es ging um Millionen, und ich war bereit, dieses Meeting für den Sieg nach Hause zu holen. High Heels, Blazer, die perfekte Bügelfalte – volle Power.
Kaum zwanzig Minuten später fand ich mich schon in meiner zweiten Welt wieder. Die High Heels? Neben mir im Auto. Der Blazer? Gegen den kuscheligsten Pullover getauscht, den ich finden konnte. Ich schlüpfte in bequeme Jeans und Sneakers und machte mich auf den Weg zur Kita, bereit, meine Tochter abzuholen.
Draußen begrüßte uns die kalte Herbstluft, und wir schlenderten durch das bunte Laub, das unter unseren Füßen raschelte. In der Ferne konnte ich schon das Lachen und das Geplätscher der Kinder hören. Und da war sie – meine Tochter – mit strahlenden Augen, die bereit war, uns auf unsere eigene kleine „Laterne, Laterne“-Probe einzustimmen.
Kaum hatte ich sie in die Arme geschlossen, begann sie fröhlich zu singen. „Laterne, Laterne, Sonne Mond und Sterne!“ schallte es durch die Luft, und ich? Ich stimmte mit ein, verhaspelte mich gleich in der ersten Zeile, aber sie korrigierte mich charmant – wer hier den Takt vorgab, war klar.
Hier, im warmen Licht der kommenden Abenddämmerung, zwischen singenden Kinderstimmen und raschelndem Laub, fühlte ich mich lebendiger als in jedem Meeting. Der Kontrast hätte nicht größer sein können: Vor einer halben Stunde diskutierte ich noch über Millionenprojekte, jetzt genoss ich den Gesang unser eigenen kleinen Lichterfeier. Ihre Freude war ansteckend, und ich war dankbar, Teil dieser bunten Welt zu sein.
Es war der perfekte Beweis dafür, dass man beides sein kann – die Frau im Meetingraum und die singende Mama auf der Straße. Es braucht nur ein wenig Mut, eine Prise Humor und vielleicht ein paar bequeme Turnschuhe.